In den letzten zehn Jahren wurde den vaskulären Läsionen in Hautbiopsien besondere Aufmerksamkeit geschenkt, und der Begriff „Vaskulitis“ oder „Vaskularitis“ ist bei Pathologen zu einem umstrittenen Thema geworden …
Autoren: Jacques Fontaine & Marianne Heimann
Einleitung
Streng genommen kann eine Vaskulitis nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die folgenden Kriterien beobachtet werden:
a) Hyperplasie der Endothelzellen
b) Verdickung der Gefäßwand
c) Leukozyteninfiltration
d) Extravasation
In Wirklichkeit hat sich das Konzept der Vaskulopathie erheblich weiterentwickelt, und subtile vaskuläre Veränderungen wurden bei vielen Dermatopathien beschrieben.
Die Frage, die sich stellt, ist, ob man von Vaskulopathien oder Vaskulitis sprechen sollte.
Anatomische Erinnerung
Das kutane Gefäßsystem ist dicht und komplex. Es ist in drei Ebenen organisiert:
e) oberflächlicher intradermaler vaskulärer Plexus
f) tiefer intradermaler vaskulärer Plexus
g) subkutaner vaskulärer Plexus.
Die drei vaskulären Plexus sind miteinander verbunden, wobei es jedoch große Unterschiede je nach Spezies und Hautregionen gibt.
Im Allgemeinen zweigen kleine Arteriolen vertikal vom dermalen Plexus ab und bilden eine vaskuläre Arborisierung um die Haarfollikel herum. Dieses Gefäßsystem drainiert auch die Anhangsdrüsen, Talg- und apokrine Schweißdrüsen. Manchmal erfolgt die Bewässerung der apokrinen Drüsen durch Arteriolen, die direkt aus dem subkutanen Plexus stammen.
Vom oberflächlichen Plexus bildet ein Geflecht kleiner Arteriolen, reich an Anastomosen, ein Kapillarnetz, das mit postkapillaren Venulen verbunden ist.
Beim Menschen gibt es arterio-venöse Shunts. Diese Shunts sind an der Thermoregulation beteiligt. Diese Shunts sind in der Veterinärmedizin nicht beschrieben.
Die dermatologische Symptomatologie von Vaskulopathien steht in direktem Zusammenhang mit dem Typ der geschädigten Gefäße. Im Allgemeinen führt eine Beteiligung kleiner Gefäße, Arteriolen, Venulen oder Kapillarnetze zu lokalisierten Läsionen wie Purpura, hämorrhagische Blasen, Krusten, Geschwüre oder Nekrosen. Die Beteiligung größerer Gefäße (kleine Arterien) führt zu ausgedehnteren Läsionen, regionaler Nekrose oder Knötchenbildung (beim Menschen).
Klassifikation
Die Klassifikation von Vaskulopathien bei Tieren ist noch sehr zögerlich. Mehrere Klassifikationen sind denkbar:
1° Infektiöse Vaskulopathie: bakteriell, mykobakteriell, Rickettsien, viral, fungizid, protozoal, helminthisch…
2° Nicht-infektiöse Vaskulopathie:
- a) exogene Ursache: medikamentös, post-Vakzination, ernährungsbedingt (Zusätze…) …
- b) endogene Ursache: Neoplasie, sekundär zu einer systemischen Erkrankung: plasmazelluläre Pododermatitis, Lupus, Dermatomyositis…
- c) idiopathisch
3° Nicht-immunologische Vaskulopathie: Entzündung, die nicht direkt auf die Gefäßwand gerichtet ist:
- h) mikrobielle Vaskulitis
- i) neoplastische Vaskulitis
- j) toxische Vaskulitis
- k) Vaskulitis aufgrund von Veränderungen der hämodynamischen Faktoren
4° Immunologische Vaskulopathie: immunvermittelter Mechanismus, der gegen eine der Komponenten der Gefäßwände gerichtet ist.
Histologisch können Vaskulitiden klassifiziert werden in (siehe Kirk Muller).
- Neutrophile Vaskulitiden
- Eosinophile Vaskulitiden
- Lymphozytäre Vaskulitiden
- Granulomatöse Vaskulitiden
- „Gemischte“ Vaskulitiden
- „Zell-arme“ Vaskulitiden
Infektiöse Vaskulopathien
Die beobachtete Symptomatologie hängt vom Ausmaß des pathologischen Prozesses und der Beteiligung der Zielorgane ab.
In bestimmten Fällen kann die Erkrankung systemisch sein. Allgemeine Anzeichen wie Fieber, starke Lethargie, Myalgie und Arthralgie, Ptyalismus, Adenopathie oder sogar Epistaxis können festgestellt werden. Funktionelle Anzeichen im Zusammenhang mit den betroffenen Organen können auftreten (Leberinsuffizienz, Niereninsuffizienz…).
In anderen Fällen beschränkt sich die Vaskulopathie auf eine Hautbeteiligung ohne allgemeine Anzeichen.
Auf der Haut sind Ekchymosen oder sogar kutane Blutungen, Pustelbildungen, Blasen, Nekrosen mit Geschwüren feststellbar.
Bei tieferer Beteiligung (subkutan) können Knötchen beobachtet werden.
Die empfindlichsten Körperregionen für Vaskulopathien sind die Extremitäten, Pfotenballen, Ohrmuscheln, Lippen, Schwanzspitze, Skrotum…
Paraneoplastische Vaskulopathie – toxische/medikamentöse Vaskulopathie
Vaskuläre Läsionen bei toxischen/medikamentösen Reaktionen sind meist subtil (nicht leukozytoklastisch). Die entzündliche Komponente ist stark mit perivaskulärem Ödem und erythrozytärer Extravasation.
Der ätiopathogenetische Prozess bleibt ungewiss. Es scheint, dass Medikamente oder Metaboliten als Hapten wirken könnten, die die Ablagerung von Immunglobulinen und Komplement an den Gefäßwänden induzieren.
Hämodynamische Vaskulopathie
- Thromboembolie durch Kryoglobulin/Kryofibrinogen oder idiopathisch
- Arterio-venöser Shunt: Bypass des Kapillarnetzes mit sekundärer ischämischer Nekrose.
Immunologische Vaskulopathien
Der vermutete Wirkmechanismus ist am häufigsten eine Hypersensitivitätsreaktion Typ III (Ablagerung von Immunkomplexen) oder sogar Typ II ???
a) Postvakzinations-Vaskulopathie
Obwohl es offensichtlich ist, dass bestimmte Impfungen Vaskulitiden induzieren können, bleibt der Konsens bezüglich der Ätiopathogenese unklar.
Tatsächlich scheint diese Krankheit in den USA häufiger zu sein. Es wurde vermutet, dass die Ursache der häufigeren vaskulären Reaktionen auf dem nordamerikanischen Kontinent mit der Verwendung unterschiedlicher, aus attenuierten Stämmen bestehender Impfstoffe zusammenhängt. Außerdem unterscheiden sich die Impfprotokolle amerikanischer und europäischer Tierärzte (amerikanische Tierärzte impfen meist mit „All-in-One“-Impfstoffen, die auch Tollwut enthalten).
Wie dem auch sei, diese Entität ist gekennzeichnet durch das Auftreten einer lokalen Reaktion und/oder von Läsionen in der Ferne (Ohrspitzen, Schwanzspitze, knöcherne Vorsprünge, Pfotenballen) in den Wochen oder sogar Monaten nach der Impfung.
Kleine Hunde scheinen anfälliger zu sein: Chihuahuas, Terrier, Dackel, Bichon, Shetland…
b) Vaskulopathie der Ohrspitzen
Dieses Syndrom ist als klinische Erscheinungsform und nicht als Krankheit zu betrachten. Tatsächlich können mehrere Ursachen in Frage kommen:
- Vakzinenvaskulopathie
- Vaskulopathie durch Kryoglobulin oder Kryofibrinogen
- Familiäre Vaskulopathie des Jack Russell, des Deutschen Schäferhundes
c) Genetische Vaskulopathie
- Bei Deutschen Schäferhunden
Die Erkrankung beginnt meistens zwischen 4 und 10 Wochen, 7 bis 10 Tage nach einer Impfung. Die Hunde sind lethargisch, fieberhaft und zeigen manchmal eine generalisierte Lymphadenopathie. Ein Anschwellen des Nasenrückens wird mit Krusten oder Geschwüren festgestellt. Die Läsionen erstrecken sich auf die Ohren, die Schwanzspitze. Die Pfotenballen können geschwollen sein und sich mehr oder weniger stark depigmentieren.
Historisch gesehen zeigt sich eine gemischte vaskuläre Beteiligung, Venülen und Kapillaren, sowie eine Kollagenolyse.
Eine spontane Heilung wird üblicherweise beobachtet.
Eine genetische Anfälligkeit (autosomal rezessiv) wird vermutet. - Bei Greyhound-Windhunden
Die Erkrankung beginnt zwischen dem 6. und 72. Lebensmonat.
Eine Hautschwellung und dann eine tiefe, gut abgegrenzte Ulzeration (von 1 mm bis 10 cm) werden an den Tarsi, Knien, der Innenseite der Oberschenkel, seltener an den Vordergliedmaßen beobachtet.
In 25 % der Fälle sind diese Hautläsionen mit einer Nierenbeteiligung verbunden.
Histologisch werden Thrombosen von Arteriolen, Venülen oder Kapillaren festgestellt.
Diese Anomalien sollen durch bakterielle Toxine (Coliforme, die das Futter kontaminieren) verursacht werden, die genetisch „anfällige“ Hunde betreffen. - Bei Jack Russelln
Die Erkrankung beginnt meist vor dem 1. Lebensjahr, sehr oft 2 bis 3 Wochen nach einer Impfung. Gut lokalisierte Alopezien mit Krusten und Ulzerationen werden an den Knochenvorsprüngen des Schädels und der Extremitäten sowie an den Ohrrändern festgestellt. Läsionen können manchmal an den Pfotenballen beobachtet werden.
Eine genetische Anfälligkeit wird vermutet.
d) Lupöse Vaskulopathie
e) Vaskulopathie und toxische Dermatose
f) Vaskulopathie im Zusammenhang mit Nahrungsmittel-/atopischer/Insektenstich-Überempfindlichkeit
g) Vaskulopathie im Zusammenhang mit Kälte und Anstrengung
- Bei Schlittenhunden wird eine ischämische Vaskulitis der Pfotenballen beschrieben, die durch Kälte ausgelöst wird. Die Läsionen sollen auf die übermäßige Produktion eines Metaboliten der Arachidonsäure, des Thromboxans A2 (TxA2), zurückzuführen sein. TxA2 ist ein potenter Vasokonstriktor, der auch eine Thrombozytenaggregation induziert. Eine Reduzierung des Blutflusses in peripheren Geweben wie den Pfotenballen wird beobachtet. Die Thrombozytenaggregation, die die Bildung von Thromben induziert, würde die Gewebeischämie verschlimmern. In einigen schweren Fällen kann ein Tod durch Kollaps beobachtet werden.